September

Eigentlich war der September immer mein Lieblingsmonat. Das hing mit vielerlei Faktoren und Glücksmomenten in meinem Leben zusammen die diesen Monat zu meinem Liebling jedes Jahr emporhoben. Auch wenn es viele dieser Gegebenheiten heute nicht mehr gibt und mich im September nun eher eine gewissen Wehmut und Trauer erfasst, so wollte ich mir doch aber eine Eigenart, die ich jedes Jahr aufs neue im September an den Tag lege, nicht von melancholischen Gedanken überschatten lassen. Das erstellen meines ganz persönlichen Wunschzettels.

Vielleicht mag es daran liegen dass ich Ende November geboren bin und Weihnachten dann auch nicht mehr weit ist, aber tatsächlich erforsche ich seit Jahren im September was ich mir denn so an materiellen Dingen wünsche. Jedes Jahr ist das für mich ein Trost, denn ich gebe zu, ich mag weder den Herbst noch den Winter und gerade mein Geburtsmonat und der Dezember sind für mich jedes Jahr eine schier endlos lange beschwerliche Zeit. Ich beuge also quasi mit der Erstellung meiner Wunschliste einer Depri-Phase vor indem ich mich dem Schönem widme. Wünsche sind schliesslich schön und etwas auf das man sich freuen kann. 

Gesagt getan schaue ich mich also auch dieses Jahr wieder im September um was Frau (ich) denn so braucht um glücklich zu sein. Beim scrollen durch die bekannten verdächtigen Social Media Plattformen, dem lesen der einschlägigen Modemagazine, dem stöbern in den Online Shops wird mir eines dieses Jahr sehr schnell klar. Wenig dessen, was ich da sehe, trifft bei mir auf Begeisterung. Mag es daran liegen dass dieses Jahr alles so anders ist? 

Ich gehe in mich und überlege wann es begann dass meine Begeisterungsfähigkeit für Dinge, die man im Leben nicht wirklich braucht, zu verblassen begann und stelle fest: das ist wirklich jetzt schon recht lang. Ach du Schreck, was ist denn jetzt mit mir passiert? Ich, die den Luxus gerne frönt, werde auf einmal in meinem Kern die Bescheidenheit in Person? Das kann ja wohl nicht sein! Und doch, ist es so. Unabhängig von meiner praktischen Veranlagung scheint mein „haben wollen Gen“, ich berichtete bereits davon, in die Wechseljahre zu kommen. Versteht mich jetzt bitte nicht falsch, es ist nicht so dass ich keine Wünsche mehr habe etwas zu besitzen, etwas haben zu wollen, aber die Anzahl der Dinge hat sich radikal minimiert. War ich letztes Jahr noch von einem knallroten (ja, ihr habt richtig gelesen rot!) Pulli von Chanel total angefixt und suchte ich mir danach vergeblich die Finger wund, so stellt sich mir heute die Frage würde ich den denn wirklich tragen? Also so lange bis er mir vom Hintern fällt meine ich, oder ist das nur eine kurze Phase? Die Antwort darauf ist schnell gefunden. Der Pulli ist cool, keine Frage, aber ich brauche ihn nicht wirklich und es wäre wohl eine Ausgabe die sich am Ende des Tages für mich nicht rechnen würde. Dieses kleine Beispiel zeigt mit wieviel Vernunft (was ein grässliches Wort wenn es um Freude geht) ich mittlerweile meine Wunschliste fülle und auch wie wenig ansprechend das, was der Markt uns gerade bietet, für mich ist.


Das mag ggf an eine Übersättigung liegen die das Stöbern in den Sozialen Medien so mit sich bringen. Ein grosser Einheitsbrei der jeden Tag einen neuen Trend ausruft der von konsumwütigen Nutzern freudig in allerhand unterschiedlichen Farben stolz präsentiert wird. Eigener Stil, forgot it! Gerade auf Instagram scheint der völlig wahllose Umgang einiger App Nutzer mit sogenannten Trends jeglicher Grundlage des eigenen Verstehens, was zu einem passt und was nicht, Hochkonjunktur zu haben. Sinn und Verstand und ein gewisses Mass an Ästhetik werden freudig dem Konsumwahn und der Jagd nach Anerkennung doch die coolste Fashion Bloggerin im Netz zu sein zum Frass vorgeworfen. Unverständlich ist mir an dieser Stelle übrigens auch wieviele Menschen diesen Wahnsinn auch noch mit lieben Worten in den Kommentaren täglich unterstützen. Genauso frage ich mich was mit den Nutzern dieser App tatsächlich los ist wenn ich mir mal ansehe wer da als abschreckendes Beispiel für Ästhetik dann aber doch unendlich viele Freunde genau dieser gezeigten Geschmacklosigkeiten hat. Für mich ist Instagram tatsächlich von einer Quelle der Inspiration zu einer Quelle der Irritation und Abschreckung geworden. Nicht nur, das ist klar. Da denke ich mal Oh mein Gott, schlimmer geht es nicht, so sehe ich spätestens drei Bilder weiter: doch es geht schlimmer. Gruselig. 

Tatsächlich schreckt mich aber am meisten der unendlicher und wahllose Konsum von Fast Fashion, dem auf Instagram all zu oft gefrönt wird. Es bereitet mir gerade zu Aggressionen, gerade wenn diese Personen dann noch das Wort Nachhaltigkeit in den Mund nehmen. Aggressionen bekomme ich mittlerweile auch wenn ich das versteckte Dissen auf dieser Platform mit bekomme und man mich einen Gruppenzwang unterwerfen mag. Da hört es bei mir dann auf. Nun ja, ich sage immer leben und leben lassen, klar, aber manchmal einfach mal den Mut halten und mit Mist nicht hausieren gehen kann dem einen oder anderen auch nicht schaden. 

Denkt man jetzt meine Freude an Mode sei endgültig ausgetilgt, den muss ich leider enttäuschen. Sie besteht bei mir weiterhin. Nur hat sich meine Sicht komplett verändert im laufe der Jahre. Viele von euch, die regelmässig zum lesen reinschauen, konnten das hier verfolgen. Komplett darf nicht zu radikal zu sehen sein, denn für besondere Stücke und High Fashion hatte ich schon immer ein Faible. Daran wird sich nichts mehr ändern. Geändert hat sich aber wie gesagt mein Haben wollen Gen. Nicht alles was ich unsagbar schön finde möchte ich besitze. Das liegt lustigerweise nicht mal an den utopischen Preisen die für manches Designer Teil aufgerufen werden sondern schlicht und einfach daran dass ich nur noch Kleidung besitzen möchte die ich tatsächlich trage. Nicht nur einmal zu einem besonderen Anlass, sondern über Jahre. Früher liess ich mich schon mal verführen mir etwas nur für einen besondern Anlass an zu schaffen. Nicht dass ich dieses Outfit dann nur einmal getragen hätte, aber dennoch waren solche Einkäufe nicht weiter bedacht. 

Heute überlege ich also sehr genau und trage lieber sogar ein Abendkleid doppelt bei ein und dem gleichen Event als mit einen Kompromiss kaufen zu müssen. 

Ja, der Hang zur Perfektion, der spart mir momentan auf der einen Seite viel Geld weil mir einfach so wenig für mich gefällt. Und auf der anderen Seite kostet er mich ein Vermögen denn ich verweigere mich Kompromisse ein zu gehen wenn mir mal was wirklich gefällt. Sprich die Investitionen sind meistens bedeutend höher im ersten Moment und oft liegt es auch nicht direkt im machbaren was natürlich auch mal frustrierend sein kann. Ich erinnere nur an meine Geburtstags Wischliste letztes Jahr. Corona beraubte mich meiner kleinen Kelly Bag. Sowas kann passieren. Das die Vernunft einsetzt und Träume ganz schnell mal ad acta legt. Geschehen auch bei einem Kleid von Chanel. Oh mein Gott, ein wehrgewordener Traum aus Strick. Es sah aus wie aus Spitze gefertigt und versprühte eine gehörigen Portion sexiness, es passte wie auf den Leib geschneidert und war mit dem langen Ärmeln und dem Rollkragen sogar in weiss voll mein Ding. Natürlich fand ich es in schwarz noch schöner, keine Frage, aber wie gesagt es wäre auch ein Kleid gewesen was ich in weiss getragen hätte. Vor meinem inneren Auge zogen Gelegenheiten an dem ich es tragen würde vorbei und ich fühlte mich wie eine Königin. Rausgewunden aus diesem Traum von einem Kleid liess mich der Blick aufs Preisschild auch gleich erwachen. Nix da Königin der Nacht, eher Aschenbrödel die sich in ihrer Vorstellungskraft beim fallen lassen einer Haselnuss genau dieses Kleid wünschen würde. Da wir aber nun mal nicht im Märchen sind und aus Nüssen schöne Kleider spriessen musste ich mir schnell eingestehen selbst wenn ich sparen würde wie eine Verrückte ist dieser Wunsch zu weit entfernt. Also siegt dann doch wieder die Vernunft. Was leider mit sich brachte das es wie gesagt in meinem Kopf wenig Kompromisse gibt bei Dingen die ich mir wünsche. So fällt es mir dieses Jahr unendlich schwer eine Wunschliste auf zu setzten. Die es letztendlich geworden ist ist geprägt von dem was ein praktischer Mensch in den Vordergrund schiebt. Was brauche ich wirklich. So ist die Liste recht überschaubar. Ein paar Reitstiefel, weil meine alten letztes Jahr sich in ihr Einzelteile zerlegt haben. Ein Kleid, dass man auch als Pullover tragen kann, ein langes Jackett welches man wiederum auch als Kleid tragen kann und die never ending Story von Hermès. Ach ja, und noch ein Ersatz muss her, eine schmale Lederhose da auch hier die Zeit dafür sorgte Platz im Kleiderschrank zu schaffen da sie sich nach Jahren in ihre Einzelteile auflöste. Mein Gott was bin ich doch vernünftig geworden, ist ja schon gruselig….

Love, Stefanie 

7 Kommentare

  1. Britta
    September 10, 2021 / 20:56

    Hallo Stefanie,

    Du hättest mir nicht mehr aus der Seele schreiben können .

    LG

    Britta

    • September 10, 2021 / 20:58

      Liebe Britta,

      das freut mich sehr.

      Habe einen wunderschönen Abend
      Stefanie

  2. Karin
    September 11, 2021 / 08:37

    Kann ich alles so nur bestätigen ✌️… und ich dachte schon, ich bin depressiv und muss in Therapie. Schön zu lesen, dass es dir tollen Frau auch so geht . Drück dich Steffi

    • September 11, 2021 / 09:46

      Hi Karin,

      Nein, du bist gesund und danke dir für die Blumen

      Ganz liebe Grüße
      Stefanie

  3. Maya
    September 11, 2021 / 08:50

    Liebe Stefanie, ein ganz wunderbarer Post von Dir, geht mir gerade sehr ähnlich. Auch bei mir ist nach wie vor ein großes Interesse da und ich bin auch ganz dankbar über viele Schätze in meinem Kleiderschrank, die mich schon lange begleiten, Qualität und Kompromisslosigkeit zahlt sich definitiv aus! Nach den ganzen Beschränkungen der vergangenen Monate kam außerdem hinzu, dass aus dem „ Klamotten haben wollen“ eher ein „schöne Momente haben wollen“ geworden ist, in die ich gerade am liebsten „investiere“.

    Hab ein schönes und erholsames Wochenende
    Liebe Grüße

    Maya

    • September 11, 2021 / 09:45

      Liebe Maya,

      du bringst es auf den Punkt. Es geht nicht mehr nur um das „haben wollen“ sondern tatsächlich auch um den schönen Moment. Vielleicht freue mich ich mich auch deswegen so auf unser baldiges Treffen in HH mit hoffentlich vielen schönen Momenten

      Ganz liebe Grüße
      Stefanie

      • Maya
        September 12, 2021 / 09:16

        Wie schön liebe Stefanie, da freue ich mich auch sehr drauf ☀️

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