
Manchmal weiss ich wirklich nicht ob ich lachen oder weinen soll. Zumindest geht es mir so wenn ich den neuen Trend „Old Money Ästhetik“ betrachte. Bzw. die dazugehörigen Hashtags und was es da so an Berichten zu gibt. Aber irgendwie passt es ja zu der momentanen Zeit. Alles oft mehr Schein als sein. Denn, seien wir mal ehrlich, der heissluftfinanzierte Mikrokosmos nimmt permanent zu. Gerade auf Instagram hat man beim betrachten der Bilder oft das Gefühl jeder zweite spielt in der Oberliga doch die Realität auf den Strassen sieht mal ganz anders aus. Schon des öfteren fragte ich mich warum Menschen sich Fake anschaffen, sei es die Handtasche oder ein paar Schuhe von einem beliebigen gerade getypten Designer, um sich irgendwie zum Kreis der Elite zählen zu dürfen. Es ist zum Haare raufen. Und, was sich mir persönlich überhaupt nicht erschliesst, was bringt es mir dort eingeordnet zu werden. Denken die Menschen wirklich andere, die ihrer Meinung nach über das nötige Kleingeld verfügen, seien glücklicher? Besser? Da fällt mir ein Zitat, ich glaube es stammt von Marcel Reich-Ranicki, zu ein „Geld alleine macht nicht glücklich, aber es ist besser in einem Taxi zu weinen als in der Strassenbahn“. Ist es nicht völlig egal wo ich weine, wenn die Traurigkeit sich ihren Weg durch Tränen sucht? Und spielt der Kontostand eine Rolle wenn der seelische Schmerz einen übermannt? Hierüber wird sich jeder sein eigenes Urteil bilden, eineeigene Meinung haben, und es ist auch nicht Thema dieses Beitrages. Heute geht es mir mehr um den oben bereits erwähnten rasant zunehmenden Trend auf TikTok, Instagram und Co.
Umettikiert
Der sogenannte Old Money Style, auch Rich Style genannt, ist definitiv kein Kleidungsstil den wir nicht schon kennen. Vielmehr bekam diese eher zurückhaltende und oft als spiessig empfundene Art sich zu kleiden ein neues Trend Etikett verpasst. Denn Old Money Ästhetik orientiert sich hauptsächlich an einer zurückhaltenden, meist minimalistisch anmutenden Optik. Generell wird auf qualitativ hochwertige und zeitlose Stücke gesetzt. Basics wie Kaschmirpullover, schlichte Seiden Blusen und Jacketts spielen genauso eine wichtige Rolle wie die Farben. Von dunkelblau, schwarz, weiss, beige, und grau bis hin zu olivegrün und braun bewegen wir uns in dem Bereich durchaus gedeckte Farben. Lediglich ab und an mal ein Pastellton sorgt hier für eine gewisse Auflockerung. Auch im Bereich der Muster ist Zurückhaltung angesagt. Neben Streifen und Karos findet man höchstens mal etwas aufregenderes in einem Halstuch. Blumenmuster und grelle Farben sind genauso ein absolutes Tabu wie grosse Logo Drucke. Ihr seht schon, der Old Money Style lebt von Zurückhaltung und dem Spiel edler Materialien. Und genau hier kommen wir jetzt zu meinem Problem.
Denn, ich finde den Preppy Style, der definitiv in diese Kategorie reingehört, sicherlich eine hübsche und unaufgeregte Art sich zu kleiden. Und auch mit einem Kaschmir Rolli und einer gut sitzenden Jeans mit perfekt passendem Jackett macht man sicherlich nichts falsch. Aber! Es muss halt wirklich dementsprechende Qualität und Passform haben. Und die hat nun mal ihren Preis. Wenn ich mir also jetzt mal die Bildchen und Videos und Magazin Beiträge anschaue stosse ich hier aber immer wieder auf Bilder, die schon beim anschauen mir die Fussnägel hoch rollen lässt. Oft sieht man da etwas und weiss wie es riecht. Und nein, das Teil von Shien ist keine Qualität die dir hilft auszusehen als seist du ein „Rich Kid“ oder ein „Rich Wife“ (alleine diese Namen verursachen bei mir verständnislose Schnappatmung). Und darüber rege ich mich einfach auf. Hier wird Menschen etwas offeriert was einfach nur zum weiteren Konsum unzähliger Fast Fashion Teile animiert. Wenn die Schuhe, die Tasche und der Schmuck aus Plastik sind, der Pullover elektrisiert, das Jackett schief sitzt, dann sieht es nicht nach Stil, sondern einfach lächerlich aus. Man macht aus einem Corsa keinen Rolls Royce. Dazu kommt noch die Ansage vieler selbst ernannter Experten wie die Nägel, die Frisur und das Make Up auszusehen haben. Gut gemeint, definitiv. Aber, und das ist wirklich ein wichtiger Punkt. Egal was andere sagen, Pflege kostet Geld. Da ist es nicht mit der Blondierung von DM getan, der Ansatz rausgewachsen, billige Trassen, aufgepappte Nägel und die noch viel zu lang. Das ganze passt nicht. Aber nun gut. Man kann Abhilfe schaffen.
Natürlichkeit ist das A und O
Old Money Ästhetik lebt von Understatement. Von der Unaufgeregtheit und Natürlichkeit. Nicht so wie die ungemachte Natürlichkeit, die man den Französinnen nachsagt. Sondern das ganze etwas konservativer, spiessiger. Aber in meinen Augen doch recht eng beieinander. Lange Krallen, egal ob in grellem Pink oder mit Steinchen verziert sind genauso tabu wie wilde Frisuren als käme man gerade aus dem Bett. Auffälliges Make Up geht auch gar nicht. Kurze Nägel, bevorzugt in natürlichem Look, sehr dezentes Make Up. Perfekte Haarschnitte oder schlichte Frisuren wie ein Zopf oder Dutt sind genauso gerne gesehen wie sanfte grosse Wellen. Hervor sticht das Gefühl jemanden äusserst gepflegten gegenüber zu stehen, was tatsächlich ein wenig steif wirken kann. Betrachtet man solche Bilder hat man fast schon das Gefühl Sauberkeit zu riechen. So auch in der Kleidung. Keine Knitter oder Macken sind ein absolutes Muss. Old Money Ästhetik kommt sehr leise daher. Gerade das veranlasst offensichtlich viele dazu den Style so anzupreisen. Für jedes Budget. Und da liegt man komplett falsch. Aus Cindy aus Marzahn wird keine Kate Middleton. Und schon gar nicht durch das shoppen beim Diskounter.
Günstiger Kleidung sieht man es an
Eine steile These die ich hier mal in den Raum werfe, denn sicherlich ist die Definition von günstig bei jedem anders gelagert. Nur weiss ich, wer sich auskennt erkennt durchaus den Unterschied von Polyester oder Seide, oder erkennt alleine an der Verarbeitung einzelner Teile ob sie von gehobener Qualität sind oder eben nicht. Knöpfe, Nähte Innenfutter, das alles spielt dabei eine Rolle. Aber darum geht es mir gerade gar nicht so, sondern viel mehr darum, gefällt einem der Trend so sehr um hier die richtigen Prioritäten zu setzen.
Ich sage nämlich auch nicht dass man ein Vermögen investieren muss um in klassische Basics zu investieren. Nur glaube ich nicht dass es selbige für zwei neunundneunzig bei KiK zu erwerben gibt.
Meine Empfehlung besteht also nicht darin billig zu kaufen, sondern viel mehr in die richtigen Teile zu investieren und hier wirklich auf eine sehr gute Qualität zu setzen. Dafür muss man nun wirklich nicht zum top Designer. Aber halt auch eben nicht zu H&M. Aber da gibt es ja auch vieles dazwischen. Und gerade bei diesem auf Basics basierenden recht minimalistisch anmutenden Style benötigt man nicht viele Teile (weniger ist mehr und sparrt neben Geld auch Platz). Und einiges befindet sich sicherlich schon im Schrank oder ein Second Hand Laden kann sich an dieser Stelle als wahre Fundgrube heraus stellen. Was ich sagen möchte, Investiert weise. Und überlegt von vornherein ob der Style überhaupt zu euch passt. Ihr die passende Attitude (zurückhaltend und nicht laut) mit bringt. Spätestens wenn ihr den Mund auf macht stellt sich sonst schnell heraus …
Alles mehr Schein als sein…
Love, Stefanie
Herzlichen Dank für deine Zeilen .
Du hast es auf den Punkt getroffen…
Mehr Schein als sein – eine Devise die bei Instagram einfach Chic geworden ist.
Autor
Das stimmt, aber dieses Phänomen gibt es ja bei Insta schon länger
Wie immer gut geschrieben und schön zu lesen…..
Ein schwieriges Thema für Alle,die wie du schon schreibst auch gerne dazugehören wollen und denken es mit Fake und Polyester zu tun.
Wer wäre nicht gerne reich und schön und zurückhaltend stilvoll
Ich bin jetzt jedenfalls schlauer und weiss das es old money ästhetik gibt und was es bedeutet.
Drück Dich
Autor
Merci, aber ich ich denke Stil hat nichts mit Reichtum oder Schönheit zu tun
Hallo Stefanie,
sehr gut geschrieben und schlicht und einfach wahr!
Ich habe früher auch anderes eingekauft, gebe ich zu. Diese Zeiten sind vorbei.
Ich kann mir zwar noch immer kein Chanel und co ansatzweise leisten ☺️☺️☺️, was ich auch ohne Probleme zugeben kann, aber ich kaufe jetzt wesentlich hochwertiger und weniger ein… Secondhand.
Das macht mir sehr viel Spaß und fühlt sich gut an.
Es ist falsch, zu versuchen jemand zu sein der man nicht ist. Denn unter den Sachen die man trägt bleibt man doch immer dieselbe Person .
Lieben Gruß
Britta
Autor
Genau darum geht es … dass es falsch ist jemand anderes sein zu wollen
Für diesen Beitrag schicke ich Dir ein riesiges Like. Perfekt auf den Punkt gebracht.
Alice
Autor
Danke Alice <3
Ein hervorragender Beitrag liebe Stefanie.
Oft erschreckt es mich, wenn die sogenannten StyleQueen’s an mir raschelnd vorbei rauschen, die Kunstfasern schon vom gehen elektrisiert und aufgeladen sind…..ein Funke und der Style ist verschmolzen!
Von Qualität haben die meisten keine Ahnung mehr, leider. Ein hoch auf Secondhand Shops, denn da kann ich meine Leidenschaft auf hochwertige Kleidung ausleben. Bin zwar vom Thema etwas abgedriftet…..aber dein Beitrag trifft es auf den Punkt,
Hallo Stefanie,
zunächst einmal das: Es ist schön, wieder von dir zu lesen. Danke dafür, dass du dir hier so viel Mühe für uns gibst.
Dieser Beitrag gefällt mir sehr gut und ich kann jedes Wort nur unterstreichen. Manche Damen begreifen einfach nicht, dass man mit der Frisur, dem Make-up oder den Fingernägeln das gesamte Outfit ruinieren kann und innerhalb weniger Augenblicke von ansprechend auf abstoßend tunt. Und dann sieht man dem billigen Kunstfaserzeug erst recht an, wo es erworben wurde. Dafür habe ich leider absolut gar kein Verständnis und ich frage mich immer noch, was in den Köpfen vorgeht, wenn man sich ein T-Shirt für 2,99 € kauft. Am besten gleich zehn davon, weil sie so billig waren. Und von den zehn billigen Shirts werden dann neun nach dreimal Waschen weggeschmissen, weil sie total verzogen sind. Geht gar nicht.
Und dann versucht man, mit seiner irgendwie zusammengeschusterten Polyesterbluse und seiner Fake Handtasche auf Old Money Style zu machen. Warum? …
Du merkst, ich bin bei diesem Thema ganz bei dir.
Lieben Gruß , Sabine