Angefixt….

@chanel

Vor einiger Zeit schrieb ich hier einen Beitrag über meine persönliche Vorliebe für schwarze Kleidung und erwähnte ganz nebenbei, angefixt zu sein von einer Farbe. Wobei ich bei dieser Aussage nicht ganz ehrlich war, denn es geht nicht um die Farbe an sich, sondern ein ganz besonderes Kleidungsstück in dieser Farbe. 

Die Kulisse eines Bahnhofs, eine Show und ich war verloren 

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Irgendwie passend, dass ich im Zusammenhang mit einem Bahnhof von angefixt rede. Dieser Ort wird schließlich gerne nicht nur mit Reisen verbunden, sondern auch mit einem gewissen Milieu der Drogenszene. Wie eine Droge wirkte auch die Chanel Cruise Show 19/20, die Anfang Mai letzten Jahres gezeigt wurde. Sie ließ mich begeistert und euphorisch werden. Sicherlich war es nicht die erste Show von Chanel, die diesen berauschten Zustand in mir hervor rief. Überraschend war der Nachklang. Konnte ich mich bis zu dieser Show immer wieder erfolgreich gegen das Verlangen wehren eine neue Dosis der Euphorie in Form eines Kleidungsstückes Zu bekomme, so gelang mir dieses nun nicht mehr. 

Und plötzlich süchtig 

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Lange Zeit versuchte ich noch die Vernunft walten zu lassen, dem „das muss ich unbedingt haben“ Gen nicht zu unterliegen. Ich sagte ihm den Kampf an, schob den täglichen Gedanken an dieses eine Stück immer wieder von mir weg, redete es mir hässlich in der Art wie man es beim rauchen tut. Das ist ungesund, es ist zu teuer, das macht alt. Leider fruchtete diese Selbstbeschwörung nicht. Konnte ich den Wunsch, das begehren noch eine Zeit lang kontrollieren so war es um mich endgültig geschehen, als ich die Kollektion nun endlich in Händen hielt.

Der Übeltäter 

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Kaum war mein geliebtes Stück, meine Droge, in der Chanel Boutique meines Vertrauens eingetroffen raste ich einer Verrückten gleich in den Store um selbiges in Augenschein zu nehmen. Reingeschlüpft in der gewünschten Farbe passte, es wie auf den Leib geschneidert. Was soll ich sagen? Glückshormone durchfluteten mich. Der Euphorie wurde leider schnell ein Ende gesetzt, beim zurück kommen in die Realität. Der Frust darüber, mir solch ein wundervolles Stück leider nicht einfach mal so mit nehmen zu können, weil der Preis jenseits meines Budgets lag. 

Trauer 

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So kann man meinen Zustand beschrieben, als ich mich verzweifelt aus der so begehrten Jacke schäle. Den Tränen nahe überlege ich fiebrig wie ich es schaffe diese tolle Jacke zu ergattern. Kaum zu Hause angekommen werden Sparpläne entworfen, und ich hinterfrage mich wo kann ich verzichten, wo kann ich Budges kürzen um meinen Ziel einen Schritt näher zu kommen. Gleich einem Drogensüchtigen überlege ich welch Handtasche, welches Paar Schuhe, welches Kleidungsstück ich verkaufen kann um meinem „haben wollen“ Gen etwas Futter zu geben. Hin und her überlegt, gearbeitet bis zum umfallen, kam ich meinem Traum einen kleinen Schritt näher.

Unausweichliches schön reden

Mandatory Credit: Photo by Anthony Harvey/WWD/REX/Shutterstock (10227109bj) Models on the catwalk Chanel Cruise 2020 show, Runway, Paris, France – 03 May 2019

In gefühlten Minischritten näherte ich mich meinem Ziel bis zu dem Moment des Schocks. Es war weg. Ausverkauft. Nein! Nach dem ersten tiefen Sturz in die Trostlosigkeit klammerte ich mich geradezu verzweifelt an Sätze wie „es sollte halt nicht sein“, und „alles hat seinen Sinn“. Konnte ich an dieser Stelle meinen Schmerz ein wenig lindern so setze auch die Vernunft wieder ein. Das Teil ist zu teuer, und viel schwerwiegender, es passt nicht zu meiner Garderobe, es ist PINK! Also redete ich mir weiter ein, pink magst du nicht, pink ist albern, pink ist nicht deine Farbe und dachte fast ich hätte es geschafft, bis mein kreativer Verstand mir einflüsterte: Suche auf anderen Wegen, du gibst nie auf! 

Aufgeben zählt nicht

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Bei allen meinen Bemühungen mich von besagter Jacke von Chanel in pink zu distanzieren, sie zu vergessen, hüpften mir nun auch noch immer wieder Bilder des gewünschten tragbaren Traums ins Auge. Für mich war dieses ein klares Zeichen eine Suche zu starten. Wie so oft in meinem Job begann von nun an die Recherche. Wie eine abhängige durchforste ich die bekannten Dealer immer nach der Suche nach meiner Droge zu einem bezahlbaren Preis. Wochen-, ja monatelang durchforstete ich einschlägige Portale. Finde ich für Kunden meist recht schnell gewünschte Artikel, so war es in meinem Fall genau das Gegenteil. Immer wieder stolperte ich über mein Grössenproblem, oder die finanzielle Aspekte hinderten mich an der Erfüllung meiner Sehnsüchte. 

Eine Odyssee 

Nach monatelanger erfolgloser Suche, kurz vorm aufgeben des Projektes dann der Durchbruch. Da war es und strahlte mich an. Mein pinkes Jackett. Grössencheck Ok, Preis Ok, Zustand der Jacke sehr gut. Blick aufs Budget, passt. Ich schlug zu. Konnte mein Glück kaum fassen. In freudiger Erwartung die erlegte Beute alsbald in den Händen zu halten der erste Schock. Der Lockdown verhinderte es der Verkäuferin mir meinen Traum schlafloser Nächte zuzusenden. Wieder war warten angesagt. Nach Wochen, um ehrlich zu sein waren das auch wieder Monate, dann die erlösende Nachricht, ihr Packet ist auf dem Weg. Ich gebe zu, ein mulmiges Gefühl hatte mich vorher beschlichen, weil es so lange dauerte, aber da die Kommunikation durchgehend glaubwürdig wirkte und statt fand verwarf ich meine Skepsis. 

Wenn der Postmann zwei mal klingelt 

Aufgeregt wie ein Teenager vor dem ersten Date mit seinem großen Schwarm lief ich den ganzen Tag ruhelos, am Tag der Zustellung, durch die Wohnung, in freudiger Erwartung meinen Schatz bald in die Arme schließen zu können. Das Klingeln erlöste mich und kaum jemals im Leben riss ich einem Paketboten erwartete Lieferung so schnell aus der Hand. Nicht mal bis zum Tisch schaffte ich es ersehntes Teil von der Verpackung zu befreien. Da war sie, meine Chanel Jacke in pink. Fast hatte ich Tränen in den Augen als ich Knopf für Knopf öffnete um in ersehnten Traum schlüpfen zu können. Die Tränen fingen an zu laufen als ich das Futter der Jacke in Augenschein nahm. Nur waren dieses keine Freudentränen mehr. Leider war die Vorbesitzerin wohl nicht eine sorgfältige Dame, denn es war unter den Armen zerrissen. Auch in einem Ärmel war die Naht offen. Hinzu kam noch das die Jacke nicht gereinigt war. Nun gut. Alles kleine Mängel die zu beheben sind. Dennoch wollte ich meiner Enttäuschung kund tun und der Verkäuferin mitteilen, dass etwas Ehrlichkeit nett gewesen wäre. 

Hasstiraden 

Ich hätte es besser gelassen, denn kaum schrieb ich der „Dame“ freundlich, dass die Jacke keineswegs in „sehr gutem Zustand“ sei, ich mir Ehrlichkeit über den tatsächlichen Zustand gewünscht hätte, wurde ich aufs übelste beschimpft. Ich wäre kriminell und andere Nettigkeiten musste ich mir anhören weil ich nur den Preis drücken wolle. Nein, das wollte ich nicht, ich wollte lediglich mitteilen das Ehrlichkeit immer besser ist. Aber nun gut. Über solche Menschen muss man sich wohl keine Gedanken machen und der ertappte schreit ja bekanntlich am lautesten. Dennoch, sensibilisiert durch die Aggressivität meines Gegenübers, wurde ich sehr hellhörig und inspizierte mit einem Fachmann geordertes Stück. Meine Angst einer Betrügerin aufgesessen zu sein wurde zu meiner Erleichterung dann auch nicht bestätigt und so darf ich mich, nach einem weiteren kurzfristigen Verzicht, bedingt durch Schneiderin und Reinigung, nun endlich über meine Traum Jacke freuen. Und nur für alle die es vergessen haben: sie ist Pink! 

Ende Gut alles gut 

Warum schreibe ich hier so einen langen Beitrag über eine Jacke. Etwas oberflächlicheres gibt es wohl kaum und auch an meinem Geisteszustand zweifelte ich des öfteren bei meiner Odyssee beachtlich. Dennoch steckt in meiner Suche nach der Jacke viel positives, was sich in den Alltag übertragen lässt. Hast du eine Obsession, folge ihr, sei hartnäckig und gebe nicht auf, bringe Geduld mit und lass dich nicht blenden wie ich es getan habe (auch wenn’s gut ausgegangen ist, denn der Preis war trotz der Mängel angemessen, wäre ich aber aufmerksamer gewesen hätte ich festgestellt, dass für ein mängelfreies Produkt der Preis sehr niedrig war), bewahre dir trotz allem also immer einen realistischen und klaren Blick. Sei vernünftig, aber nicht verbissen, denn ein kleines bisschen Unvernunft hilft oft den eigenen steifen Regeln mal zu entkommen. Der Ausbruch aus Bekanntem kann ganz neue Welten erschaffen. So wie mir die Farbe Pink demnächst einen ganz neuen Anstrich verleiht. Ein bisschen verrückt sein, Träume haben, das tut gut und motiviert.

Love, Stefanie 

2 Kommentare

  1. Juli 26, 2020 / 15:13

    Meinen Glückwunsch zu so einer tollen Jacke… ich verstehe dich sehr gut.
    Freue mich auf deine PINK-Looks

    Liebe Grüße
    Ela

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